JETROCKE WIED DORCH DÜNN ON DICK
Ein Jahr - von vielen...von sehr vielen! mal mehr...mal weniger
Ein Jahr - von vielen...von sehr vielen! mal mehr...mal weniger
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - und nach der Session ist vor der Session
Nachdem wir uns alle ein bisschen von den Strapazen des Brauchtums erholt haben fangen die Planungen für die nächste Session an (und für unseren Literaten die Planung für die über, über nächste Session!). Der erste Punkt heißt - Sommerfest! Gemeinsam revue passieren lassen, Kameradschaft pflegen, grillen und verzälle. Hierzu sind alle Eingeladen die uns kennen oder kennenlernen wollen!
Die zweite Aktion im Jahr ist das Heidekrauternten. Dieses brauchen wir um jedes Jahr unsere Besen zu erneuern. Hierfür fährt eine Abordnung von 4-5 aktiven Mitgliedern (da Naturschutzgebiet) nach Maasmechelen in die Heide. Dort werden 3 Bünde Heidekraut mit Sicheln geerntet, hierfür haben wir eine unbefristete Genemigung erhalten.
Teil 1 der Sessionseröffnung findet immer an einem Samstag um den 11.11. um 10:00 Uhr am Lazarusbrunnen statt. An diesem von der Familie Samans gestifteten Denkmal gesellen sich auch befreundete Vereine und Freunde unseres Brauchtums und meist sponsert uns die Sparkasse ein kleines Fässchen mit dem wir auf eine neue Session anstoßen können.
um 11:00 Uhr stellen wir uns dann am Klingelbaum auf der anderen Seite der Kö auf, um mit Kapelle und den Freunden der Gesellschaft gemeinsam Richtung Kirchplatz/Marktplatz zu ziehen.
Teil 2 ist die offizielle Sessionseröffnung des Festausschuß Jülicher Kingerzoch e.V. auf dem Kirchplatz/Marktplatz die mit dem Fassanstich des Bürgermeisters um 11:11 Uhr beginnt.
Hier gibt es ein tolles Programm mit Musik, Tanzgruppen, unserer Kindergruppe und der Vorstellung des noch nicht proklamierten Kinderdreigestirns. Durch das Programm führen die Präsidenten der Vereine und der Vorsitzende des Festausschuß.
Das war nun der vierte Streich und der Fünfte folgt sogleich.
Traditionell wird zwischen Weihnachten und Neujahr der Mann gemacht (auf dem Bild hinten) - und das Heidekraut wird zu Besenköpfen verarbeitet (vorne). Hier wird das wissen dieser Handwerkskünste von Generation zu Generation weitergegeben. Immerwieder ein nettes Miteinander.
Die Taufe ist einer der Highlights in unserer Session. Ein geselliger Abend, in der Regel der Samstag nach 3. Könige. Buntes Rahmenprogramm mit Rednern, Tanzgruppen, viel Musik und der Zeremonie der Taufe.
Hierzu auf der Bühne (v.l.n.r.) unser Präsident, der Senatspräsident (Leiter der Ordensträger), der aktuelle Taufpate, der letztjährige Ordensträger und natürlich "der Mann"!
Einen Taufnamen gibt es auch - einen sehr langen, unseren Taufpaten beschreibenden, in unser Sproch, in Latein...und für die Presse in Hochdeutsch ;-) Auch hier würden wir uns über Gäste sehr freuen.
Ab jetzt geht es zur Sache. Wo bis hierhin alles Zeitlich gut verteilt war folgt jetzt alles in einer Woche! Und da das ein oder andere Mitglied der Historischen Gesellschaft auch in einem "normalen" Karnevalsverein aktiv ist beginnt hier eine anstrengende aber tolle Zeit.
Altweiber - Fettdonnerstag:
um 11:11 Uhr übergibt unser Bürgermeister im Rathaus den Schlüssel der Stadt an den Prinzen des Kinderdreigestirns. Kinder an die Macht! Bei diesem närrischen Empfang im Rathaus hat unsere Kindergruppe auch ab und an einen Auftritt.
11:00 Rathaus - Großer Sitzungssaal - Jahreshauptversammlung
Die einzige Veranstalltung die zwar öffentlich bekanntgegeben wird, bei der aber Zuschauer unerwünscht sind. Hier treffen sich nur Mitglieder, Ehrenkappenträger und Ordensträger, sowie unsere Kindergruppe.
Nach verschiedenen Ritualen und einer Laudatio des vorjährigen Ordensträger wird unserem Taufpaten vom Senatspräsidenten der Hexenturmorden verliehen. Hier werden auch neue Ehrenkappenträger ernannt, neue Mitglieder aufgenommen und alle Anwesenden aufs neue Vereidigt.
Keine Kappe - kein Eintritt!
Jetzt schnell die Beine in die Hand nehmen - um 14:00 Uhr heißt es: "De Zoch kütt"!
Der Festausschuß Jülicher Kingerzoch e.V. organisiert neben dem Kinderdreigestirn auch den großen Jülicher Karnevalsumzug. Hier ist unsere Kindergruppe natürlich dabei. Es gibt eine eigene Kinderpuppe und ein kleines Tuch, damit können die Kinder den Massen an den Straßen unser Brauchtum präsentieren - und natürlich Kamelle werfen! Von den großen hilft da nicht nur der Kindergruppenführer sondern auch Fahrer & Wagenengel.
Besenschmücken und Reimchenlernen
während die Besengruppe die Besenköpfe einstiehlt und mit Krepppapierröschen schmückt geht die Tuchgruppe die neuen Reimchen (Spottverse) durch und übt sie melodisch und im einklang vorzutragen. Nachdem die Besen im "Auszugslokal" verstaut sind treffen sich die beiden Gruppen zum gemeinsamen Grünkohl essen.
Die Essenz
9:00 Startschuß. Der Lazarus fällt vom Wehrgang des Hexenturms in das Tuch (Zugwegabhängig). Ab dann geht es Los precken, tanzen, marschieren. Ein Kleines - Alles - Schwenken - ein bisschen Bewegung - Solo. Die Kommandos der Besen- und Tuchgruppenführer gehen schnell ins Blut über. Gute Laune und Kammeradschaft, Anstrengung aber das tolle Gefühl eine Tradition fortzuführen. So führt uns der Weg an ca. 25 verschiedene Orte unserer Heimatstadt. Ob Krankenhaus oder Polizei - Ordensträgerstation oder Kneipe - Marktplatz oder Bahnhof. Immer wieder erklingen die Kapellen und die Stimmen der Uniformierten:
"Zu Jülich wid wie allbekannt der Lazarus jepreck..."
Die Tuchgruppe springt im Kreis - die Besengruppe Zweireihig drumherum - erst linksherum dann rechtsherum - dann still.
"Was hätt Lazarus mit zur Welt jebraht?" ruft der Tuchgruppenführer. Die Tuchgruppe antwortet mit dem erlernten Spottvers für diese Station. Da bekommt der ein oder andere auch schon mal sein Fett weg.
Dann wied jeprick. 1.....2.....(2 ½) .....Dreeeeei - und dann flliegt der Strühmann. 3x an jeder Station erleidet die Stohpuppe diese Torture - wird aber (fast) immer weich mit dem Tuch aufgefangen. An vielen Stationen gibt es eine kleine, meist flüssige Stärkung.
13:00 Mittagessen. Es gibt eine Stunde Pause. Bei Suppe und Brötchen können sich alle etwas aufwärmen.
16:00 Uhr Marktplatz - Großes Aufwerfen. Der Bürgermeister empfängt uns am alten Rathaus. Er begrüßt die zahlreich gekommenden Besucher auf dem Marktplatz, bekommt von unserem Reimchen einen kleinen Seitenhieb und gemeinsam singt die Menge das Hexenturmlied. Auch für Besucher immer ein tolles Ereignis.
Und weiter geht es durch die Stadt - überall bleiben die Leute stehen und erfreuen sich an dem schönen Brauch. An der vorletzten Station wird "der Mann" entkleidet, denn Kappe, Kittel, Halstuch, Hände und Stiefel werden wiederverwendet.
19:00 Uhr an einer Brücke an der Rur. Laut weinend und jauchzend kommen die Lazarusbrüder an der letzten Station an, tausende Besucher säumen den letzten Weg. Ein letztes mal das Lied... ein letztes mal aufwerfen.
Der Präsident, Taufpate und Mannträger gehen gemeinsam mit dem Lazarus auf die Brücke. Hier werden dem Mann Fackeln in die Brust gesteckt (damit man sehen kann wo er schwimmt) und er wird seinem nassen Grab, den Fluten der Rur übergeben. Ein Höhenfeuerwerk schließt den öffentlichen Teil des Zuges ab.
Die Gesellschaft kehrt ein letztes mal in eine Kneipe ein. Geschafft von einem sehr anstrengenden und langen Tag werden Kittel und Kappe ausgezogen und die übrigen Getränkemarken in einen Topf geworfen. Mit und mit verabschieden sich die Mitglieder und freuen sich auf die Dusche oder Badewanne - und das Bett!
Am Aschermittwoch ist alles vorbei - fast alles.
für all die Glücklichen, die noch einen Tag Urlaub mehr ergattern konnten gibt es einen schönen Ausklang der Session. Beim Zeitungsartikel vorlesen und den Erzählungen über die letzten Tage lauschen wird gemütlich zusammengesessen. Fisch, Wurst, Brötchen und das ein oder anderen Konterbierchen lassen die müden Knochen ein bisschen erholen.